Die Achtung und der Schutz der grundlegenden Menschenrechte sind bedingungslos und wesentliche Bestandteile eines wirksamen, integrierten Grenzmanagements. Frontex achtet strikt die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und relevante internationale und Menschenrechtsinstrumente, einschließlich des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 und dessen Protokoll von 1967.
Die grundlegenden Menschenrechte sind ein Bestandteil des Verhaltenskodex von Frontex, den gemeinsamen Kernlehrplänen für Grenzbeamte und Gegenstand spezialisierter Schulungen, z. B. für Beamte der See- oder Landesgrenzüberwachung bzw. für Rückführungsbeobachter. Diese Maßnahmen und Leitlinien verbessern das Verständnis der grundlegenden Menschenrechte und ermöglichen es den Beamten, potenzielle Verstöße zu identifizieren.
Vor jedem Einsatz erhalten alle Mitarbeiter von Frontex sowie Grenzbeamte und Mitglieder anderer einschlägiger Behörden von Mitgliedstaaten, die an Einsätzen von Frontex teilnehmen, Schulungen über grundlegende Menschenrechte. Diese Schulungen betreffen insbesondere den Zugang zu internationalem Schutz, die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung und ggf. Suche und Rettung. Die Grundrechte sind stets fester Bestandteil der operativen Briefings für Beamte der ständigen Reserve; Schutzmechanismen und Berichterstattungspflichten bei potenziellen Verstößen gegen die grundlegenden Menschenrechte sind in alle Operationspläne eingearbeitet.
Im Jahr 2011 wurde die Rolle des Grundrechtsbeauftragten sowie ein Konsultationsforum über Grundrechte geschaffen und gemäß den Änderungen der Frontex-Verordnung in die Struktur von Frontex integriert. Durch die Verordnung (EU) 2019/1896 wurde das Mandat und die Befugnisse der Agentur und der Grundrechtsbeauftragten erweitert.
Die Hauptkomponenten der Schutz- und Überwachungssysteme für Grundrechte von Frontex sind Folgende:
- Die Grundrechtsstrategie -, der leitende Rahmen zur Ausrichtung der Tätigkeit der Agentur gemäß den Standards und Prinzipien der Grundrechte;
- Ein Verfahren zur Meldung schwerwiegender Vorkommnisse (Serious Incident Report, SIR),- durch das jede an den operativen Tätigkeiten von Frontex teilhabende Person umgehend jeden möglichen Verstoß gegen die Grundrechte melden muss, einschließlich Verstößen gegen den Besitzstand der Union, internationales Recht und gegen den Verhaltenskodex von Frontex. Die Berichte über schwerwiegende Vorkommnisse, die Grundrechte betreffen, werden von der Stelle des Grundrechtsbeauftragten bearbeitet;
- Das Beschwerdeverfahren - für die Einreichung von Einzelbeschwerden von Personen, die direkt von den Maßnahmen bzw. der Untätigkeit von an Aktivitäten von Frontex beteiligten Mitarbeitern betroffen sind und die der Ansicht sind, dass ihre Grundrechte nicht geachtet wurden;
- Das Konsultationsforum über Grundrechte, - das unabhängige Beratung in Bezug auf die Achtung, den Schutz und die Förderungen der Grundrechte bei allen Tätigkeiten von Frontex für die Agentur bereitstellt;
- Ein Überwachungsmechanismus über die Anwendung von Zwang-, die einen Rahmen zur Überwachung der Berücksichtigung von Vorschriften über die Anwendung von Zwang durch das Statutspersonal bietet, einschließlich der ständigen Reserve, und der eine Meldepflicht bei Vorkommnissen im Zusammenhang mit der Anwendung von Zwang umfasst.
Der Grundrechtsbeauftragte (Fundamental Rights Officer, FRO) ist damit betraut, die Umsetzung der Verpflichtungen in Bezug auf Grundrechte bei Frontex gemäß dem Unionsrecht und internationalem Recht zu überwachen und den Exekutivdirektor bei Belangen im Zusammenhang mit Grundrechten zu beraten. Der Grundrechtsbeauftragte und das Personal des Grundrechtsbeauftragten haben eine unabhängige Rolle innerhalb der Agentur inne, um ihre Arbeit im Hinblick auf Menschenrechte zu unterstützen und die Achtung, den Schutz und die Förderungen der Grundrechte zu stärken. Zur wirksamen Überwachung der Einhaltung der Grundrechte seitens der Agentur kann der Grundrechtsbeauftragte Ermittlungen bei allen Tätigkeiten der Agentur anstellen und führt regelmäßig Besuche vor Ort durch.
Der Grundrechtsbeauftragte erstellt Gutachten über jegliche Tätigkeiten von Frontex sowohl auf verfahrenstechnischer wie operativer Ebene und in Bezug auf die Zusammenarbeit von Frontex mit Partnern, in denen er die Herausforderungen im Bereich Grundrechte, mögliche Verstöße gegen die Grundrechte und die diesbezüglichen Risiken ermittelt. Der Grundrechtsbeauftragte informiert und berät den Exekutivdirektor ebenfalls bei möglichen Verstößen gegen die Grundrechte im Zuge der Tätigkeiten der Agentur. Gemäß Verordnung (EU) 2019/1896 wird der Beauftragte direkt vom Verwaltungsrat ernannt und ist diesem direkt unterstellt. Der Grundrechtsbeauftragte ist verantwortlich für die Bearbeitung von Beschwerden, die durch das Beschwerdeverfahren von Frontex und das Verfahren zur Meldung schwerwiegender Zwischenfälle im Zusammenhang mit potenziellen Verstößen gegen die Grundrechte im Rahmen der Tätigkeit von Frontex eingehen. Der Grundrechtsbeauftragte wird unterstützt durch Grundrechtebeobachter, die in der Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig sind und die Einhaltung der Grundrechte bei der Tätigkeit der Agentur ständig überwachen und bewerten.
Gemäß Artikel 109 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/1896 veröffentlicht der Grundrechtsbeauftragte jährlich Berichte über die Tätigkeit der Stelle des Grundrechtsbeauftragten. Dieser jährliche Bericht enthält Informationen über den Status der Achtung der Grundrechte im Rahmen den operativen Tätigkeiten der Agentur gemäß der Grundrechtsstrategie.
Jahresbericht 2020 des Grundrechtsbeauftragten.
Die Grundrechtebeobachter, die gemäß der Verordnung (EU) 2019/1896 als Statutspersonal von Frontex gelten, werden im Namen des Grundrechtebeobachters in die operativen Bereiche entsandt. Sie überwachen und bewerten die Einhaltung der Grundrechte im Zuge der Tätigkeit von Frontex, bieten Beratung und Unterstützung in diesem Bereich, während sie gleichzeitig zur Förderung der Grundrechte als Teil des integrierten Grenzmanagements der Europäischen Union beitragen. Durch ihre Arbeit sind die Grundrechtebeobachter ein wichtiges Element des Systems zur Überwachung von Grundrechten von Frontex. Als „verlängerter Arm“ des Grundrechtsbeauftragten vor Ort unterstützen sie die Agentur bei der Einhaltung ihrer Verpflichtungen in Bezug auf Grundrechte.
Die Beobachter überwachen die von Frontex durchgeführten Tätigkeiten und dokumentieren deren Übereinstimmung mit den geltenden Grundrechtsnormen. Sie überwachen die Verfahren im Zusammenhang mit der Grenz- und Rückkehrverwaltung und die Bedingungen, zu denen diese stattfinden, während sie gleichzeitig Herausforderungen, Risiken und Chancen für die Stärkung des Unionsrechts und des internationalen Rechts aufzeigen. In diesem Kontext arbeiten die Beobachter mit Frontex bei der Koordinierung von Beamten sowie der Meldung potenzieller Bedenken an die Stelle des Grundrechtsbeauftragten zusammen.
Die Grundrechtebeobachter können von dem Grundrechtsbeauftragten in die Gruppe der Rückführungsbeobachter entsandt werden, die Rückführungsoperationen, die von Frontex koordiniert oder unterstützt werden, beobachten und über sie Bericht erstatten. Die Gruppe der Rückführungsbeobachter wurde als subsidiärer Mechanismus zu den einzelstaatlichen Beobachtungsmechanismen geschaffen.